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Don Quixote und die Windmühlen der Übersetzung

Was hast Du davon, wenn Du Dich mit NLP beschäftigst?Klar, es gibt da eine Menge an Wissen, Informationen, Tipps und Tricks zu erfahren. Die sollen Dein Leben leichter machen und Dich in die Lage versetzen mehr selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen.

Ich will Dir aber auch vermitteln, was es heißen kann, über den Tellerrand hinaus zu blicken. In den letzten E-Mails dieser Serie habe ich Dir dies über die Empfehlung für lesenswerte Bücher vermittelt.

Die heutige Email schließt diese Serie ab, mit einer fast philosophischen Exkursion in die (Un)tiefen der Übertragung von Texten aus einer anderen Sprache.

Das zeigt Dir vielleicht wie unterschiedlich ein und dieselbe Geschichte durch die Augen verschiedener Übersetzer (Menschen) wahrgenommen werden kann und wie das Umfeld eben auch jede Geschichte prägt.

»Die große Leistung von Cervantes, beinahe ein Wunder, ist nun, dass uns seine Riesenerzählung noch immer bezaubert. Ein Sprachwunder!«

Hans-Martin Gauger, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.08

Der Ritter von der traurigen Gestalt

Ich wähle dafür den spanischen Roman Don Quixote von Miguel de Cervantes. Gegen die Empfehlungen einer leichten Lesbarkeit und entgegen der Tendenz einer schwindenden Spanne der Aufmerksamkeit ist dieser Text eben so ausführlich geworden, wie die Gedanken es nötig machen. Lies – und mache Dir eigene Gedanken. Nimm so viel oder so wenig, wie DU meinst.

Vor allem: Wende Dein Wissen über NLP und die Modaloperatoren der Notwendigkeit an.

Lasse den Zwang des schulischen „müssens“ los und gehe mit Spaß und Muße „wollend“ an die Sache heran. So, und jetzt geht es mit dieser Sache auch endlich los.

Vielleicht bist Du dem Don Quijote zum ersten Mal in einem Kinderbuch begegnet. Dort ist er ein stümperhafter alter Kerl in einem albernen Kostüm.

Vielleicht gibst Du ihm als Erwachsener, auf meine Anregung hin, eine zweite Chance. Vielleicht nutzt Du auch die seltene Chance des Lesens in der Originalsprache. Dann wirst Du neben vielen sprachlichen Überraschungen eine ganz andere Ebene von Tragik und Komik in der Literatur entdecken.

Sie entsteht bei Cervantes aus der Kollision von Fantasie und Realität. Und wenn aus Interesse tiefer in den Text eintauchst, unterscheidest Du auch die verschiedenen Sprachstile der Figuren. Don Quijote spricht tatsächlich wie ein alter spanischer Ritter, während Sancho, sein Gefährte, mit den derben Sprichwörtern der katalanischen Bauern um sich wirft.

Verständnis und Missverständnis

Ob Dir dies gelingt und ob der Funke für Dich überspringt, ist vor allem eine Frage der Zugänglichkeit des Textes. Und diesen wirst Du meist in einer Übersetzung lesen müssen.

Selbst ich, der des Spanischen leidlich mächtig ist, habe schnell aufgegeben, das zu entdecken, was auch ein Spanier nur zwischen den Zeilen lesen kann. Und Übersetzungen und Übertragungen aus dem Spanischen gibt es viele.

Schon Cervantes selbst entwirft ja einen fiktiven arabischen Autor und einen anonymen spanischen Übersetzer. Und das ist längst nicht alles! Mache Dich darauf gefasst, dem Helden mit seinem eigenen Ruhm konfrontiert zu sehen und das berauschende Potenzial des Romans zu erforschen, der als Parodie beginnt, und sich schließlich zum Rückgrat des modernen Romans entwickelt.

So wie es Dir als Leser im Lauf Deines Lebens ergehen mag, so geschah es seit dem Erscheinen des Romans am Anfang des 17. Jahrhunderts mit ganzen Leservölkern. Denn der Roman ist auch eine Geschichte der Übertragungen und Übersetzungen des “Don Quijote“.

Interesse in vielen Ländern

Die spanischen Zeitgenossen verstanden, was da zwischen den Zeilen stand – sie lachten sich schief über den aus der Zeit gefallenen Ritter mit dem ulkigen Minnedienst an einer unbekannten Magd.

Wenige Jahre später entdeckten die Franzosen in dem Roman eine Satire auf die spanischen Zustände dieser Zeit. Spanien befand sich wegen der grausamen Verfolgung der Morisken, damals in stetigem Niedergang.

Den Engländern wiederum gefiel in der englischen Übersetzung der eigentümliche Humor. Berühmte englische Schriftsteller und Cervantes-Fans wie Smollett, Fielding und Laurence Sterne widmeten sich ausgiebig dem Lesen und Interpretieren.

Der russische Schriftsteller Dostojewski transponierte am Ende des 19. Jahrhunderts die “herbe” Dimension der Geschichte sogar in ein Vorbild für den Fürsten Myschkin im Roman Der Idiot.

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