Bist Du schon mal in den Supermarkt gegangen, weil Du „nur“ schnell einen Liter Milch kaufen wolltest? Und ist es bei diesem Liter geblieben? Häufig lautet die Antwort darauf „nein“. Denn Konsumforscher analysieren Dein Einkaufsverhalten und arbeiten mit den Händlern und Herstellern an Deiner unbewussten Beeinflussung. Ihr Ziel ist klar: Sie wollen mehr Umsatz machen. In diesem Artikel zeige ich Dir einige wichtige Prinzipien der Supermarktgestaltung und gebe Dir hilfreiche Tipps, damit Du am Ende entscheiden kannst und vielleicht in Zukunft weniger Geld ausgibst. Dafür hast Du dann mehr Geld für Deine persönlichen Wünsche, zum Beispiel für einen Besuch eines meiner Workshops. ;-)
Was passiert im Supermarkt?

Ich bin ein leidenschaftlicher Käufer. Da ich mitten in Berlin lebe bleibt mein Kühlschrank oft leer. Ich betrachte vielmehr den nahen Supermarkt als meine große und beständig gefüllte Vorratskammer. Schließlich ist er nur ein paar Schritte von meinem Haus entfernt und hat rund um die Uhr geöffnet. Trotzdem ertappe ich mich immer wieder dabei, wie raffiniert meine ursprünglichen und klar formulierten Einkaufspläne durchkreuzt werden. Wohl weiß ich, wie Wahrnehmungspsychologie und Verkaufsstrategien funktionieren – schließlich kenne ich mich mit NLP und Marketing ganz gut aus. Aber es gelingt „denen“ trotzdem immer wieder, mich und Dich in Versuchung zu führen.
Ich habe recherchiert und mich eingehend informiert. Dabei habe ich viel über Wahrnehmungspsychologie gelernt. Inzwischen betrachte ich mich als „mündigen Kunden“, der das durchdachte Angebot im Supermarkt durchaus zu schätzen weiß. Doch ich möchte selbst bestimmen, was ich kaufe, anstatt heimlich manipuliert zu werden. Das geht Dir sicher genauso. Deshalb erfährst Du hier, mit welchen Strategien Du im Supermarkt dazu verleitet wirst, mehr zu kaufen, als Du zu Beginn vielleicht vorhattest. Ein wichtiges Kriterium dabei ist die statistische Erfassung der Daten. Auch wenn für Dich vielleicht andere Grundprinzipen gelten mögen, in der Summe aller Käufer macht dieses Vorgehen durchaus Sinn.
Grundlegende Gestaltungsprinzipien
Denn statistisch betrachtet kaufen Kunden häufiger in Märkten ein, die gegen den Uhrzeigersinn aufgebaut sind. Dort führt Dich die „Rennstrecke“ wie ein auf dem Kopf stehendes U an den Außenwänden entlang. Für Rechtshänder ist es auf dieser Strecke besonders bequem, Produkte aus den Regalen zu greifen. Und auf der Regalfläche ist jeder Zentimeter mit wissenschaftlicher Akribie geplant.
Erlebnisshopping
Im neuen Reichelt-Markt in Berlin-Zehlendorf kannst Du eine noch modernere Form des Einkaufserlebnisses beobachten: Es gibt ein Bistro, in dem sich mittags die Schüler und Studenten tummeln. Sie holen sich nicht nur Snacks, sondern nutzen auch das kostenlose WLAN. Für ein besonderes Flair sorgen Bilder des Rosinenbombers an den Wänden und Gedenktafeln zur Berliner Luftbrücke. Diese geschichtlichen Bezüge verleihen dem Markt seinen ganz eigenen Charme. Die Erkenntnis dahinter: Je wohler Du Dich fühlst, desto mehr Zeit verbringst Du im Laden – und desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Du einkaufst.
Wahrnehmungspsychologie in Aktion
Unternehmen setzen nicht nur auf ein ansprechendes Ambiente, sondern arbeiten mit zahlreichen weiteren psychologischen Kniffen. Mehr als die Hälfte Deiner Kaufentscheidungen triffst Du laut groß angelegter Studien erst im Supermarkt selbst. Dort beginnt ein stiller Wettbewerb: Du möchtest eigentlich nur das Nötigste einkaufen, doch die strategische Platzierung und Gestaltung der Produkte führt häufig dazu, dass mehr in Deinem Einkaufswagen landet, als geplant. Dafür sprechen die Konsumwissenschaftler alle Deine Sinne an.
1. Visuell: Präsentation ist alles
Nur wenige Märkte übernehmen die Platzierung der Produkte im Regal selbst. Stattdessen beauftragen sie sogenannte Category Manager, die ihre Regalreihen professionell betreuen. Sie sorgen beispielsweise dafür, dass neben einem überteuerten Produkt ein günstigeres steht – damit dieses im Vergleich verlockender wirkt. Und sie haben noch ein paar Tricks in ihrer Kiste:
- Sicht- und Greifzone:
Teure Produkte plazieren sie in Augenhöhe, preiswerte Varianten findest Du weiter unten oder oben im Regal (Reckzone). - Obst und Gemüse im Eingangsbereich:
Das vermittelt nicht nur den Eindruck von Frische, sondern beruhigt auch Dein Gewissen („Ich kaufe ja gesund ein!“). Damit drosseln sie gleichzeitig Dein Tempo (dazu gleich mehr…). - Praktische Kombi-Platzierung:
Sie plazieren die teuren Tomatensaucen gleich neben den Nudeln. So kaufst Du sie bequem ohne Umweg. - Weite Wege für Grundnahrungsmittel:
Milch, Eier und Mehl findest Du oft ganz hinten im Supermarkt, Toilettenpapier in der Mitte. So musst Du die Hauptgänge ablaufen und entdeckst unterwegs viele zusätzliche Artikel.
2. Die Tempobremse
Je länger Du im Geschäft bleibst, desto eher weicht Dein ursprünglicher Einkaufsplan spontanen Gelüsten. Deshalb legen die meisten Supermärkte gleich am Eingang einen „Tempo-Stopp“ ein:
- Drehtüren oder Schranken:
Sie verzögern Deinen Schritt und lenken Deine Aufmerksamkeit auf den Markt. - Obst und Gemüse:
Das sorgfältige Aussuchen verlangsamt Dich zusätzlich und gibt Dir das Gefühl Frische zu kaufen. - Glänzende Böden:
Sie sehen nicht nur edel aus, sondern täuschen Deinem Unterbewussten mögliche Rutschgefahr vor. Folge: „Geh langsamer!“
3. Olfaktorisch: Das große Nasenkino
Die Nase kauft mit und führt direkt in die Emotionen Deines Unterbewusstseins. Diese kleinen Tricks bekommen mit zusätzlichem Wissen eine ganz andere Dimension:
- Frisch gebackenes Brot:
Oft werden die fertigen Teiglinge angeliefert und direkt vor Ort aufgebacken. Kleine Ventilatoren verteilen den entstehenden Duft im Laden – und schon wächst Dein Appetit und Du greifst nicht nur bei Backwaren mehr zu. - Blumige Luft:
Kaufhäuser und Modegeschäfte nutzen Düfte, um ein angenehmes Einkaufserlebnis zu schaffen und Deine Kaufbereitschaft zu steigern.
4. Visuell: Es werde Licht
- Fleisch:
Eine rosige Beleuchtung durch spezielle Leuchtstoffröhren sorgt dafür, dass Wurst und Steak besonders frisch wirken. - Gemüse:
Punktstrahler mit erhöhtem Grünspektrum lassen Obst und Gemüse knackiger aussehen. - Helles, warmes Licht:
Eine Lichttemperatur von etwa 4800 Kelvin schafft Behaglichkeit und lädt Dich zum Verweilen ein. Ein dunkles, unübersichtliches Geschäft würdest Du vermutlich meiden.
5. Auditorisch: Eins auf die Ohren
Die Musik im Supermarkt ist niemals Zufall. Sie wird oft so gewählt, dass sie zum jeweiligen Kundenkreis passt. Vormittags hörst Du andere Klänge als am Nachmittag oder am Abend, weil zu diesen Zeiten verschiedene Zielgruppen einkaufen.
Die Geschwindigkeit der Musik liegt meist bei angenehmen 72 Takten pro Minute. Das hält Deine Grundaktivität aufrecht, stresst Dich aber nicht. Eine sanfte Werbestimme aus den Lautsprechern macht auf Sonderangebote aufmerksam – häufig ohne dass Du es bewusst wahrnimmst. Dennoch steigen so die Verkaufszahlen beträchtlich.
6. Kinästhetisch: Die optimale Temperatur
Die ideale Einkaufstemperatur liegt bei etwa 19 Grad. Zu warm macht träge, zu kalt lässt Dich fliehen. Da Obst und Gemüse jedoch kühler sein sollten, helfen Wasservernebler und Kühlregale, damit alles frisch bleibt und knackig aussieht. Ein feiner Wassernebel auf Obst und Gemüse vermittelt zusätzlich den Eindruck von Frische.
7. Hindernisse und Versteckspiele
- Gangbreite:
Ist ein Gang zu breit, läufst Du zu schnell. Ist er zu eng, stößt Du womöglich mit anderen Leuten zusammen und legst entnervt bereits gekaufte Ware zurück. Wissenschaftler haben dafür sogar einen eigenen Begriff: den „Ass-Brush-Factor“. - Regelmäßiges Umräumen:
Wenn öfters im Supermarkt die Ware neu sortiert ist, musst Du suchen – und entdeckst so andere Produkte, die Du kaufst und eigentlich gar nicht brauchst.
8. Imbisszonen am Eingang
Die preiswerte Bockwurst oder der Burger am Eingang locken besonders Männer an. Während sie essen, schlendern ihre Partnerinnen entspannt durch den Laden und kaufen Studien zufolge deutlich mehr ein. So werden gleich zwei Ziele erreicht: Alle sind versorgt – und der Umsatz steigt.
9. Große Einkaufswagen
Die meisten Einkaufswagen sind riesig. Wenn Du nur ein oder zwei Produkte brachst, wirken sie ziemlich verloren. Schnell denkst Du: „Da passt doch noch einiges rein.“ Und so füllt sich der Wagen, ohne dass Du es wirklich merkst.
10. Großpackungen
Große Packungen wirken günstiger, doch das gilt nur, wenn Du auch wirklich alles verbrauchst. Schau am besten auf den Kilopreis. Ein vermeintlich billiger Kilobecher Joghurt wird zur Geldverschwendung, wenn Du die Hälfte davon entsorgen musst.
Auch hohe Stapel mitten im Gang suggerieren Dir, dass es sich um supergünstige Angebote handelt. Häufig sind es jedoch ganz normale Waren, die nur effektvoll in Szene gesetzt wurden. Manchmal handelt es sich sogar um Produkte, die erst in der nächsten Woche offiziell beworben werden.
11. Sonderangebote per Briefkastenwerbung
Die Prospekte, die regelmäßig Deinen Briefkasten füllen, sind raffiniert aufgebaut. Die Angebote – gerade die aus dem Non-Food-Bereich – werden im Laden möglichst weit hinten verteilt. Wer nach ihnen sucht, muss an zahlreichen anderen Regalen vorbei und greift unterwegs doch wieder zu Artikeln, die gar nicht auf der Liste standen.
12. Der Höhepunkt zum Schluss: der Kassenbereich
Direkt vor den Kassen beginnt die „Quengelzone“. Dort findest Du hochpreisige Kleinteile mit einer Riesenmarge. Vor allem Süßigkeiten in perfekter Sicht- und Greifhöhe für Kinder. Während Du in der Schlange wartest, locken Dich bunte Verpackungen und kleine Köstlichkeiten. Dieser schmale Abschnitt ist einer der ertragreichsten Orte im gesamten Supermarkt. Hier erreicht man bis zu zehnmal so viel Umsatz wie an allen anderen Orten im Supermarkt.
10 Tipps, damit Du beim Einkauf Geld sparst
- Gehe nie hungrig einkaufen
Das ist ein Klassiker, wird aber oft ignoriert – mit fatalen Folgen. Wenn Du hungrig einkaufen gehst, neigst Du zu unkontrollierten Spontankäufen. - Die 1-2-3-Methode
Ganz einfach:- Schritt 1: schauen
- Schritt 2: vergleichen
- Schritt 3: auswählen
- Vergleiche kritisch
In der Regel findest Du direkt unterhalb oder oberhalb der teuren Artikel günstige Alternativen. Nimm Dir kurz Zeit, um Deinen Blick zu schweifen zu lassen. - Einkauf mit Kindern
Nutze möglichst Kassenbereiche ohne Süßigkeiten. Kläre vorab mit Deinem Kind: „Gibt es etwas Kleines, oder heute nicht?“ Erkläre Deine Entscheidung verständlich, statt ein unbestimmtes „Nein!“ auszusprechen. So lernt Dein Kind, dass Süßes keine Selbstverständlichkeit ist. - Plane Deinen Einkauf
Schreib Dir einen Einkaufszettel und hake gekaufte Artikel ab. Mit einem Smartphone oder Taschenrechner merkst Du schnell, wenn Du Dein Budget überschreitest. - Sei kritisch bei Kombiplatzierungen
Die teureren Dosentomaten stehen vielleicht bei den Nudeln, während günstigere im Konservenregal warten. Gönne Deinen Augen den Blick nach rechts und links – dort lauern oft bessere Preise. - Lass den Einkaufswagen stehen
Wenn Du keinen Großeinkauf planst, schnappe Dir einen Korb. Dessen zunehmendes Gewicht bremst Dich automatisch, mehr mitzunehmen als nötig. - Bei Prüfzeichen aufs Datum achten
Stiftung Warentest oder Ökotest klingen vertrauenswürdig. Sieh genau hin, wann der Test stattfand. Ältere Ergebnisse sind manchmal überholt. - Kilopreise bei Frischwaren prüfen
Gerade beim Obst wird gerne getrickst. Mal sind es 350 g, mal 500 g, dann 100 g. Letztlich zählt nur der Kilopreis – der muss auf dem Etikett stehen und zeigt Dir den echten Vergleich. - Öfter aufs Etikett schauen
Gewöhne Dir an, die Inhaltsstoffe zu checken. Du kannst zu Hause auch verschiedene Produkte vergleichen. So erkennst Du, was wirklich drinsteckt. Am Ende zählt natürlich immer Dein Geschmack. Aber lass Dich nicht von bunter Werbung verleiten – probiere stattdessen aus, welche Marke Dir wirklich zusagt.
2 Antworten
Richtig gute und hilfreiche Tipps, die jeder beachten kann und auch sollte. Ich bin sonst auch ohne mir große Gedanken zu machen, einkaufen gegangen und dann wurde es doch sehr schnell teuer. Mittlerweile gehe ich das alles anders an und kann tatsächlich gegenüber früher einiges an Geld einsparen.
Was ich immer schon vermutet habe wird in diesem Artikel bestätigt. Ich merke natürlich auch, dass ich mehr einkaufe als ich es ursprünglich vorhatte und Lehre tatsächlich inzwischen unnötiges zurück.katrin